… a chilling peace … (latest entries on top)

… Finally, major western media report on the reckless  and insdiscriminate assault of the Georgian forces on Tskhinval duing the night August 7th, their deliberate attacks on Russian peace-keeping soldiers with tanks and heavy artillery and war crimes. OSCE observer’s reports are now being leaked to the press. This was known from the very early hours of this crisis, but was ignored by most western media and politicians. What strikes me most with this crisis is either disastrous ignorance or, more likely, partisan interpretation by our diplomatic and political elites and a lack of professionalism of our media. This in itself is a distressing feature of the August chill. What angers me, though, is the very fact, that those of us who told the true story from the very start, have been denounced as Russophiles. The most bizarre new term used in the German media is ‘Russlandversteher’. It is to denounce those analytsts who stick to non-partisan analysis and tries to resist the posh Russia-bashing.

… On August 5th, 2008 NATO said it was ‘not aware of any troop concentrations by Georgia in or near South Ossetia‘. Two days later, Georgia ordered 7.500 men, tanks and heavy artillery in action.

… Russia has suffered a serious defeat at the SCO meeting in Dushanbe. Not only did it not get any endorsement for its unilateral recognition of Abkhazia’s and South Ossetia’s independence, but was left devoid of any substantial endorsement of its military operations and posture in Georgia. The final communique has just approved of Russia’s stabilization role in the Caucasus region in very vague terms. What had me expecting Russia not to endorse the indepependence of the break-away region’s independence – Russia’s international isolation –  has materialized but not kept Russia from doing it in the first place.

… France yesterday once more demonstrated major flaws in handling the ‘Russia crisis’. Pending accord among major members of the EU, Bernard Kouchner publicly mentioned possible sanctions on Russia only to backtrack hours later. What a disastrous signal of internal ruptures. This in itself dealt a blow to the EU’s effort to send a tough message to the Russians. Weak, divided and inconclusive without any ‘weapons’ at hand….

… Russia is sending its sole aircraft carrier ‘Admiral Kuznetsov’ to the Mediterranean – accompanied by a battle group. This an open response to the increasing presence of NATO warships in the Black Sea.

… EU, NATO and the US are losing on the Georgian front. Russia will now station military forces on a permanent basis under collective defense agreements yet to be signed. with Abkhazia and (South) Ossetia This means, that no outside military forces will be accepted as peace-keeping or monitoring forces in those regions – unless OSCE and EU start negotiations on that matter with the governments of Abkhazia and South Ossetia. As this would mean an implicit recognition of those state’s independence, this will not happen anyway.

I do not expect the admission of South Ossetia to Russia anytime soon.

… The West’s new front is Ukraine. The EU will make every effort to deepen and speed up Ukraine’s rapprochement with the EU. Well, we have to wait if this will deepen the domestic political crisis in Ukraine and how Russia will react with regard to the legal status of Sevastopol.

… The most important event of the recent days is the fundamental change of Germany’s position on the future relations with Russia. Merkel used very strong words on her recent visits to Sweden and Estonia. She was the first foreign leader to publicly mention Article 5 of the Washington Treaty, the founding treaty of NATO. This was a very blunt signal to Moscow that any further red lines crossed regarding NATO members in the Baltic region will meet military resistance by NATO.

6 thoughts on “… a chilling peace … (latest entries on top)”

  1. On 9th September the European Union meets the President of Ukraine, it is to be expected that they will move fast forwards in taking the Ukraine near to Europe.
    Also Georgia will only have to wait little to become a better place on the european couch. But is this really solving any problems?

    The problems in this context are many and have many layers. The solvents are not in sight, and so themes remain hot. We see the UN in this case not even at the horizon, and so everyone is boiling his own pot.

  2. Spätestens seit dem Interview auf Focus-Online, weiß man ja, sie würden lieber mit Rußland Händchen halten, als den Autokraten Putin , der gerade dabei ist Rußland endgültig in seine Finger zu kriegen (antiwestliche Jugendorganisation ala Hitlerjugend, antiwestliche Propaganda über die gleichgeschalteten Medien,
    Willkürliches Ermorden von Journalisten, Enteignung westlicher Konzerne inklusive Jagd auf westliche Führungskräfte, zuletzt
    mußte ja ein BP-Manager in James Bond Manier fliegen, die Repressalien gegen die Opposition in Rußland, das Aufkaufen des deutschen Exkanzlers Schröder, eine monopolisierte Wirtschaft in der Hand einer Clique um Putin, die Meinung Putins “Stärke
    gibt einem das Recht zu tun, was man will, usw.), Grenzen aufzuzeigen, was geht und was nicht.

    Sie ignorieren völlig Rußlands bzw. Putins Hetzkampagne gegen Estland und den Versuch Estland durch die Demonstrationen wild gewordener Putinjünger zu destabilisieren bzw. den Esten so Angst einzujagen, als die Esten sich von einem Denkmal für die rote Armee (deren Kriegsverbrechen nicht hinter denen der Wehrmacht und SS
    zurückstehen müssen) verabschieden wollten, den Gaskrieg gegen die Ukraine und das ungemein humane Gemetzel in Tschetschenien.
    Auch ignorieren sie, daß Rußland und Georgien ebenso brutal vorgingen, die russ. Friedenstruppen keine Übergriffe von Separatisten auf georgisches Territorium verhinderten und die Russen keine Friedenstruppe darstellen, sondern mehr oder weniger als Kriegsgrund in Warteposition dienten, wobei russ. Friedenstruppen dort ohnehin nichts zu suchen hatten, den Frieden wahren sollte eine möglichst neutrale Partei und nicht eine, die scharf auf das bewachte Land ist.

    Zudem kann ich beim besten Willen nicht verstehen, wie sie den ehemaligen Sowjetrepubliken das Recht absprechen können, der Nato oder EU beizutreten. Selbst wenn es an Rußlands Ego kratzt, sind die Ukraine, Estland usw. souveräne freie Staaten, die machen dürfen, was sie wollen. Und sich nicht, weil Rußland auf eine Einflußsphäre besteht, damit abfinden müssen in ihrer außenpolitischen Freiheit eingeschränkt zu sein und Rußland einen für einen souveränen Staat nicht tragbaren Einfluß gewähren zu müssen, damit russische Nationalisten sich nicht gekränkt fühlen.
    Wir können und dürfen doch nicht Staaten ihre Souveränität und Freiheit aberkennen, nur damit Rußland unter einem Führer wie Putin leichter zu handhaben ist. Die Freiheit und Souveränität anderer zu opfern, nur damit es keinen Ärger gibt, die Zeiten sind lange vorbei. Europa hat dafür mit einem zweiten Weltkrieg bezahlt.

    Auch verstehe ich nicht, wie sie den Kosovokrieg als Fehler bezeichnen können und als Fehler der Rußlandpolitik der Nato und der EU. Rußland hat, weil es immer noch die Nibelungentreue zu den Serben hält (von Panslawismus und den Ereignissen, die den ersten Weltkrieg in Gang brachten, haben sie sicher schon gehört, war auch diese Nibelungentreue Rußlands zu Serbien). Hätten wir
    zuschauen sollen, wie Serben auf der Jagd nach UCK-Kämpfern/UCK-Terroristen gegen die Zivilbevölkerung
    vorgingen? Rußland wollte den Serben freie Hand geben, um das gleiche durchzuführen, was Putin einige Zeit später in Tschetschenien tat.

    mfG

    Björn Driskel

  3. @ Björn Driskel: Unter Bezugnahme auf ein Interview von Prof. Mangott mit FOCUS Online vom Vortag stellen Sie ihn als unreflektierten “Putin-Apologeten” dar, was jedoch bei näherem Studium dieses Interviews tatsächlich so nicht zu erkennen ist.
    Vielmehr analysiert Mangott unvoreingenommen den Ist-Zustand der Beziehungen des Westens (NATO und EU) gegenüber der Russländischen Föderation anhand einer “derzeit beinahe außer Kontrolle geratenen Eskalationsautomatik” beider Seiten im Kaukasus (aber nicht nur dort!), die auf unsensiblem Vorgehen in der Vergangenheit basiert und sich aus aktuellen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht entwickelt hat.
    Prof. Mangott plädiert angesichts des trotzdem bestehenden wechselseitigen Interesses an einer weiteren Zusammenarbeit der RF mit dem Westen in vielen Bereichen für die Aufrechterhaltung von funktionierenden Kommunikationskanälen zwischen den Kontrahenten, eine Vorgangsweise, die nach letzten Informationen auch von der EU für ihren “Kaukasus-Gipfel” am kommenden 1.September in Aussicht genommen wird. Von einer besonderen “Putin-Freundlichkeit” kann auch dabei nicht gesprochen werden. Eher vom Versuch einer Eindämmung der Eskalation und einer Reinstallation von Vernunft und Berechenbarkeit.

  4. Der Kosovo-Krieg vom Ende her gedacht und die Reaktionen der Russländischen Föderation auf die Eskalation in Georgien.

    Mit Datum vom 18. Mai 1999 hatte ich ein Working- bzw. Forschungspaper zum damals Neuen Strategischen Konzepet der NATO und den erwartbaren Perspektiven des Kosovo-Krieges u.a. für die Neuordnung Europas, die mittelfristigen Strategie der US-Außenpolitik sowie jener der Russländischen Föderation dem Österreichischen Institut für Internationale Politik (OIIP) unter der damaligen Leitung von Univ. Doz. Otmar Höll zur Veröffentlichung angeboten, der sich jedoch m.E. als obstinat erwies.

    Der Titel lautete: “Das Neue strategische Konzept der NATO – Ergebnisse des NATO-Gipfel, Perspektiven des Kosovo-Krieges”.

    Prof. Mangott kennt diesen Text bereits von damals und kann sich für die Authentizität verbürgen.

    Der Text wurde vom OIIP für die Veröffentlichung abgelehnt und ich habe jetzt eine späte Genugtuung, obwohl mir dies in der Sache und Materie äußerst leid tut. Aber einige seiner möglichen Prognosen haben sich jetzt als wahr erwiesen.

    Im folgenden seien die für die gegenwärtige Debatte relevanten Text-Teile gekürtzt – bzw von mir hervorgehoben – der Leserschaft zur Verfügung gestellt.

    Mit besten Grüßen

    Georg Schöfbänker

    4 Konsequenzen des Kosovo-Krieges

    4.1 Bündnispolitische Konsequenzen
    The ‘rogue superpower’, die ‘Schurkensupermacht’, so wurden die USA kürzlich genannt. Dies ist aber keine Verbalinjurie aus Belgrad, Bagdad oder Moskau an die Adresse der USA und der NATO zu den gegenwärtigen Bombardements im Kosovo. Im Gegenteil. Der Terminus stammt aus der jüngsten Ausgabe des US-Außenpolitikmagazins ‘Foreign Affairs’, dem Zeitgeist-Zentralorgan der US-Außenpolitik-Elite, – dem Couincil of Foreign Affairs – und zwar aus der Feder von Samuel Huntington mit dem Titel ‘Die einsame Supermacht’ (März/April 1999). Dieser Beitrag liegt nun auch in einer deutschen Übersetzung vor.
    Huntington listet akribisch auf, wie die USA in den letzten zehn Jahren seit dem Ende der bipolaren Welt des Kalten Krieges versucht hätten, ihre einseitigen Interessen dem Rest der Welt aufzuzwingen. Mittels Waffenexporten, Handelssanktionen, Dominanz der Finanz-Institutionen, Entwertung des Völkerrechts und der UNO, mit anderen Worten durch die Wiedereinführung des erklärten Faustrechts des Stärkeren in die internationalen Beziehungen auf allen Ebenen, wozu der schon reflexhaft geübte Hüftschuß mit cruise missiles gegen ‘gut platzierte Schurken’ im Staatengefüge mittlerweile zum guten Ton der US-Außenpolitik gehört, was vermutlich als ‘Clinton-Doktrin’ in die Geschichte der US-Außenpolitik eingehen wird.
    Erst soeben haben die USA indirekt zugeben müssen, daß der cruise-missile Angriff auf eine Chemiefabrik im Sudan im August 1998 nichts mit einer ‘Giftgas-Connection’ oder terroristischen Verbindungen zu Osama Bin Ladin zu tun hatte. Für manche europäische Politiker des Bündnisses hat sich der Eindruck verfestigt, daß in den maßgeblichen Kreisen der US-Außenpolitik lieber zuerst geschossen und gebombt und danach erst nachgedacht wird.
    Das bündnispolitische Management des Kosovo-Krieges hat abseits der öffentlich zur Schau gestellten ‘Geschlossenheits-Rhetorik’ der NATO absolut nichts mit einer einstimmigen und demokratisch legitimierten Entscheidung seiner neunzehn Mitgliedsstaaten zu tun. Der Theorie – und somit der ‘Geschäftsordnung’ der NATO – nach sollten alle wesentlichen Entscheidungen, die das Bündnis trifft, vor allem in Krisen oder gar im Krieg, kollektiv getroffen werden und ein einzelnes Veto könnte eine bestimmte Entscheidung zu Fall bringen.
    Nun gibt es zahlreiche Hinweise darauf, daß nicht einmal die großen europäischen NATO-Partner Frankreich, Italien, Deutschland und die beiden exponiertesten NATO-Anrainerstaat Griechenland und Ungarn über den vollen Umfang der militärischen Missionen eingeweiht wurden oder sind. Ein besonders delikates Beispiel hierfür ist auch die versehentliche Bombardierung der chinesischen Botschaft. Die offizelle Erklärung der NATO und der USA, die CIA hätte falsche Zieldaten geliefert, enthüllt zumindest, daß die Bündnispartner keine Mitsprache bei dieser Zielauswahl haben, bzw. keine checks und double-checks institutionell vorgesehen sind.
    Der Theorie nach sollte gerade die multinationale integrierte Kommandostruktur der NATO eine volle Einbindung der Partner in die Entscheidungsprozesse gewährleisten. Dabei haben sich zahlreiche Widersprüche gezeigt: Ein Sprecher des britischen Verteidigungsministerium erklärte, in der Regel würden die Ziele nicht von den politischen Entscheidungsträgern der NATO abgesegnet. Ähnliche Andeutungen und Hinweise sind der französischen, italienischen und griechischen Presse zu entnehmen. Erst eingehende Recherchen und Untersuchungen nach dem Ende des Krieges werden zu Tage fördern, wie dieser im Detail von militärischer Logik dominiert wurde und wie wenig die Politik hier mitzureden hatte. Dies wird eine Belastungsprobe für die Politik des Bündnisse darstellen.

    4.2 Mögliche geostrategische Konsequenzen

    Obwohl die Verwendung der Begrifflichkeit ‘geostrategische Konsequenzen’ mir zutiefst zuwider ist, weil diese Verwendung eine theoretische Setzung impliziert, nämlich in die Richtung eines nationalstaatlich dominierten Politik-Paradigmas der ‘realistischen’ Betrachtungsweise, so ist m.E. derzeit nicht von der Hand zu weisen, daß mittelfristig eine weitreichende ‘Neuordnung’ des Balkans – als Konsequenz aus dem Kosovo-Krieg – erfolgen wird.
    Je nachdem, welche Presse und Kommentare aus welchen Staaten man derzeit zu diesen Konsequenzen des Kosovo-Krieges liest, ergeben sich teilweise völlig entgegengesetzte Prognosen und Interpretationen (thesenhaft vereinfacht):
    4.2.1 Ende der US-Hegemonie in Europa – keine weiteren out-of-area-Abenteuer
    Die NATO habe zwar im NSK und am Washington-Gipfel solche Einsätze wie im Kosovo grundsätzlich abgesegnet, die Bereitschaft der USA und erst recht der europäischen Verbündeten, sich erneut in einen solchen out-of-area-Krieg zu begeben, sei äußerst gering. Der Kosovo-Krieg der NATO sei deshalb kein Präzedenzfall, sondern die Ausnahme von der Regel. Das Image der NATO sei so stark beschädigt, daß weitere Aktionen dieser Art einem rituell-institutionellem Selbstmord des Bündnisse gleichkämen. Die eigentlichen Gewinner des Kosovo-Krieges seien die Rußländische Föderation und das serbische Regime des Slobodan Milosevic, das seine Kriegsziele der ethnischen Säuberung des Kosovo bereits erreicht habe und nun der NATO die Bedingungen diktieren könnte, auf welche Art und Weise der Krieg beendet wird.
    Das Gegenargument hierzu lautet, daß eine militärische Verpflichtung der NATO auf Jahre hinaus in dieser Region stattfinden wird und die entsprechenden Kontingente auch stationiert werden.
    4.2.2 Vertiefte sicherheitspolitische und rüstungspolitische Zusammenarbeit der Europäer unabhängig von den USA
    Der Kosovo-Krieg habe deutlich gezeigt, daß die Europäer nicht einmal in der Lage seien, auf ihrem ‘eigenen Hinterhof Ordnung zu schaffen’, ihre Abhängigkeit von den USA sei nicht weiter zu tolerieren. Unter Ausblendung der Kriegsursachen und der verfehlten Politik und Diplomatie des Westens wird hier eine substantielle Aufrüstung Europas (ohne äußere Bedrohung) und der bislang halbwegs politisch zivilen Europäischen Union in die Richtung des Aufbaus hochmobiler Kriseninterventionskräften und eigener Interventionskapazitätet suggeriert und für notwendig erachtet. Der Präpotenz und Arroganz der USA müsse von den Europäern selbst Einhalt geboten werden. Dennoch werde der Kosovo-Krieg ohne äußere Bedrohung des Westens zu einer substantiellen Aufrüstung der NATO-Staaten führen. In den USA ist dies bereits geschehen.
    4.2.3 Heute Kosovo, morgen Kaukasus, übermorgen der Rote Platz
    Diese – vorwiegend in russischen – aber auch in US-Kommentaren und in der arabischen Presse zu vernehmende Kritik am Kosovo-Krieg konstatiert andere Zusammenhänge, die von nahezu allen führenden russischen think-tanks, Politikern, Militärs und Intellektuellen geteilt werden. Pointiert formuliert könnte man sagen, der Kosovo-Krieg sei ein vorgezogener Kampf um die Vorherrschaft über die russische Westgrenze und der Versuch der Ausdehnung des US-amerikanischen Herrschaftsbereiches so weit wie möglich in diese Richtung. Sollte ein derartiges Motiv zumindest zum Teil hinter der scheinbar oder tatsächlich ‘erratisch-stümperhaften’ US-Außenpolitik im Kosovo-Krieg stehen, so würde dies die Befürchtungen selbst der pro-westlichsten und nüchternsten russischen Entscheidungsträger in Politik und Militär bestätigen. Wobei es m.E. hier um wesentlich mehr geht, als um den Versuch, ‘eine paar geostrategische Pluspunkte’ zu sammeln, sondern um eine substantielle Abkehr der USA von einer konsensorientierten Politik in Europa hin zu einer konfrontationsorientierten. New York Times, 2. Mai 1999: “Does a weak Russia serve U.S. interests? Absolutely.”
    Es ist bemerkenswert wie und auf welche Weise, amtierende deutsche Politiker dieses Element einer substantiellen Kritik an den USA lanciert haben. Außenminister Fischer wurde kürzlich vom Spiegel zitiert mit der Aussage “die Amis wollten den Krieg” und die Zustimmung zu der Parole ‘no German sonderway’ sei der Preis gewesen, um Außenminister zu werden. Der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete und Rüstungskontrollexperte Herrmann Scheer ist bereits mehrfach mit einer massiven Kritik an der NATO-Kriegsführung und am NSK hervorgetreten.
    Am 28.4.98, äußerte er sich im ZDF dahingehend, daß das NSK gegen geltendes Völkerrecht verstoße, gegen den Nordatlantikvertrag und die USA beabsichtigten, damit als “Welt-Sheriff” aufzutreten und die Europäer als “Hilfs-Sheriffs” einspannen wollten. Das sind seitens eines SPD-Politikers durchaus starke Töne, aber dies wird angesichts des US-Unilateralismus und der Art und Weise, wie diese den Kosovo-Krieg führen – und wenn sie ihn so weiter führen, vermutlich erst der Beginn eines neuen Anti-Amerikanismus in Europa und dem Rest der Welt sein.
    4.2.4 Vertiefte US-Hegemonie in Europa
    Der Kosovo-Krieg sei die militärische Antwort der Amerikaner auf die Einführung des Euro, meint etwa die Moskovskij Komsomolec und der in diesem Bericht zitierte Direktor des Institutes für US-amerikanische und kanadische Studien der russischen Akademie des Wissenschaften, Sergei Rogow, nimmt folgende Position ein:
    “Indeed, the United States is threatened today not by Russia and China but by its own allies and economic competitors. The emergence of the Euro marks a serious shift in the world economy and another headache for Washington. The Americans have to conduct negotiations with the EU on an equal footing – which is quite difficult for them. It is far easier to promote the idea of U.S. superiority through NATO – which is why the United States is bringing this military-political bloc to the fore.”
    Manche französische Intellektuelle sehen diese Situation ähnlich:
    “La désastreuse intervention en Serbie a un avantage: elle nous contraint à réfléchir sur l’avenir immédiat de la planète. Sera-t-il indéfiniment assujetti aux volontés impériales du dernier chauvinisme à visée globale, ou prendra-t-il le chemin de la construction d’une légitimité civique mondiale? Le monde sera-t-il une pluralité démocratique, ou bien se réduira-t-il à la force de manoeuvre d’un unique maître, contraignant chacun à la dépendance économique, à l’humiliation politique, ou, en dernier recours, à la destruction programmée?
    Le premier motif du conflit importé en plein coeur de notre continent par nos amis américains est une déclaration de franche hostilité des Etats-Unis à l’Europe. Qui en doutera, sinon les naïfs manipulés dans leur fibre humanitaire ? Il s’agit de réimposer le dollar (défaillant) contre l’euro (montant); de réaffirmer la domination financière et militaire contre les proximités lentement tissées sur un passé de guerres; de faire admettre la prééminence d’une police mondiale brutale, contre le patient apprivoisement des ancestrales haines balkaniques. Pour faire sauter le projet européen, y précipiter des masses gigantesques de capitaux spéculatifs ne suffit pas.”
    4.2.5 Analyse des Kosovo-Krieges von seinem Ende her
    Der Kosovo-Krieg hat mittlerweile (Mitte Mai 1999) nach Einschätzung vieler westlicher Experten – auch aus NATO-Kreisen – als politische und diplomatisch-militärische Fehlreaktion und Fehleinschätzung der USA und der NATO gegen den Nationalstaat Bundesrepublik Jugoslawien begonnen.
    Ganz gleich, ob dieser Krieg weiter eskalieren wird – mit dem Einsatz von erklärten oder nicht erklärten Bodentruppen, – oder ob mittelfristig ein Waffenstillstand erreicht werden kann, die Situation wird schwieriger und komplizierter sein, als vor Beginn der Kampfhandlungen der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Es ist bereits jetzt ein Rückfall hinter die Positionen, die bei den Verhandlungen von Rambouillet noch strittig waren, bzw. erreicht werden konnten.
    Jetzt – bei diesem Verlauf des Krieges der wechselseitigen Dämonisierung und Propaganda, wo selbst westliche Politiker, die offenbar über klassifizierte Informationen verfügen, nur mehr schwer zwischen Realität und Propaganda zu unterscheiden wissen, – wird die NATO ganz besonders ‘gefordert sein’. So jedenfalls werden es die Spin-Doktoren der NATO nach der Beendigung der Kampfhandlungen verkünden.
    Je mehr dieser Krieg eskaliert, desto mehr wird die NATO ‘erforderlich sein’, um den Haß zwischen den Volksgruppen ‘einzudämmen’, die Streitparteien ‘militärisch zu trennen’ und den ‘Frieden zu sichern’. Ein Blick auf die Landkarte des Balkan und der angrenzenden Staaten genügt, um zu demonstrieren, was die Folgen davon sein könnten.
    In der gesamten Region stehen NATO-Beitrittskandidaten in der Warteschleife für einen schnellstmöglichen Beitritt, an erster Stelle Albanien, das inzwischen zu einem Flugzeugträger der USA umgebaut wird. Ebenso Mazedonien, Bulgarien und Rumänien. Der nichterklärte Krieg der NATO gegen einen souveränen Nationalstaat hat die gesamte Region destabilsiert.
    Diese Eskalation ist natürlich systemisch bedingt. Spieltheoretisch formuliert: Jeder Eskalationsschritt ist dem jeweiligen Spieler bewußt. Die USA und die NATO-Stäbe wußten, daß die Luftangriffe der NATO zu den Versuchen einer systematischen Vertreibung seitens des Milosevic-Regimes führen würden. Ob die wenigen politischen Entscheidungsträger dies ernstgenommen haben, kann hier nicht seriös beantwortet werden, es ist eine Frage für die zeitgeschichtliche Forschung.
    Hinzu kommt noch erschwerend für die moralische Position des Westens die Tatsache mehrfacher Bombardierung von Flüchtlingskonvois – ob fahrlässig oder vorsätzlich – kann anhand der gegenwärtigen Nachrichtenlage im Krieg nicht abschließend seriös beantwortet werden.
    Auch Flüchtlinge wissen, daß eine Region, in der sie unter ‘friendly fire’ geraten können oder eine Provinzhauptstadt wie Pristina, die systematisch von der NATO bombardiert wurde, nicht gerade zum Verbleib einlädt. Jedenfalls ist es aufgrund der gegenwärtigen Kenntnisse über die Kenntnisse der politischen Entscheidungsträger in der US-Regierung und der NATO-Spitze nicht übertrieben festzustellen, daß diese zumindest eine erhebliche Teilschuld und Verantwortung nicht nur für die Verhinderung von Vertreibungen, sondern für die entstandenen Flüchtlingsströme selbst trifft. Erwartbare Migrationsströme dieses Ausmaßes sind ein ungemein probates Mittel, um eine gesamte größere Region zu destabilisieren, gleich ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt.
    Ein realistisches Ergebnis dieses Krieges könnte also folgendes sein: Bei den Anrainer-Staaten der Region hat bereits oder wird weiterhin eine schleichende und nichterklärte NATO-Erweiterung stattfinden. Albanien, Mazedonien, Bulgarien und Rumänien werden jede westlich aussehende freundliche Hand ergreifen, in der Hoffnung ihren wirtschaftlichen, demokratiepolitschen und strukturellen Defiziten zu entkommen und sich dadurch dem Westen annähern zu können, nachdem sie in die EU unwilliger eingelassen werden, als in die NATO. Auch ohne eine formale Aufnahme in die NATO werden dann Militärbasen entstehen und ‘Stabilisierungskräfte’. Die USA und die NATO werden dann, abgesehen von der Ukraine den gesamten westlichen und südlichen Raum des Schwarzen Meeres ‘besetzt’ und dort ihre geopolitschen Duftmarken angebracht haben.
    Ganz vorsichtig formuliert, sollte ein solcher Masterplan ansatzweise existieren – zugegebenermaßen ist Zbigniew Brzezinski kein amtierendes Regierungsmitglied (aber immerhin der Doktorvater von Madleine Albright) – seine Ansichten jedoch finden sich jedoch maßgeblich reflektiert in relevanten Artikeln der Außenpolitik-Elite der USA und in der Washingon Post, Washington Times und in der New York Times, so wäre der konsequente nächste Schritt der USA der Versuch, die östliche Küste des Schwarzen Meeres, d.h. das angrenzende Georgien und Aserbaidschan in seinen Einflußbereich zu ziehen, bzw. unter seine Kontrolle zu bekommen.
    Brzezinski: “Auch das relativ kleine, dünnbesiedelte Aserbaidschan ist mit seinen riesigen Energiequellen unter geopolitischem Aspekt nicht zu unterschätzen. Es ist gewissermaßen der Korken in der Flasche, die die Schätze des Kaspischen Beckens und Zentralasien enthält.” Die Debatte um die Kontrolle des kaspischen Öls ist mittlerweile schon mindestens fünf Jahre alt. Drei Varianten wurden diskutiert, um die Ölreservern dem Westen zuzuführen. (1) über das Territorium der RF an die Gestade des Schwarzen Meeres, wobei die frühere Route im Tschtschenien-Krieg unterbrochen wurde; (2) über den Iran zur Türkei (die kostengünstigste Variante); (3) über Aserbaidschan und Georgien in die Türkei.
    Weitgehend unbemerkt von der westlichen Presse, haben im April 1999, während der Kosovo-Krieg bereits im Gange war, wesentliche geopolitische Veränderungsversuche der USA in der Region stattgefunden. Georgien und Aserbaidschan haben gemeinsam mit Usbekistan den ‘Vertrag von Tashkent’, das verteidigungspolitische Vertragswerk der GUS, verlassen und den NATO-Angriff auf Jugoslawien unterstützt.
    “Russia’s Interfax news agency has cited Azerbaijani presidential administration sources as saying that Azerbaijani President Haidar Aliyev received personal messages on April 14 from U.S. President Bill Clinton and U.S. Secretary of State Madeleine Albright. According to Interfax, the message from Clinton “contains a proposal on settling the Karabakh conflict,” while Albright invited Aliyev to attend NATO’s anniversary celebration later in April. Azerbaijan has been eagerly pursuing a relationship with — if not membership in — NATO, a campaign matched by the growing strategic alliance between Russia and Armenia. But while this strategic positioning is well underway, it is surprising that Clinton and Albright would personally fuel this standoff just now. Relations between NATO and Russia have been shattered by the Kosovo crisis, and efforts to mend those relations and find a solution to the crisis can only be hurt by increasing tension in the Caucasus.” (…) Washington and NATO are playing the great game in the Caucasus and Central Asia, without a doubt. They are also feuding with Russia over the situation in Yugoslavia. The wider game is only beginning, but at present NATO is attempting to win Moscow over to a peace initiative in Yugoslavia. It is therefore striking that Washington would choose to increase tension in the Caucasus at the same time it is trying to decrease it in Europe.
    Das Zweite Deutsche Fernsehen strahlte anläßlich des NATO-Gipfels im Spätabendprogramm eine Dokumentation über das Nordatlantische Bündnis aus, in dem die Öffentlichkeit auf ein solches Szenario vorbereitet wurde. “Werden NATO- und deutsche Soldaten hinkünftig die Ölpiplines im Kaukasus absichern?”
    Kurz vor Beendigung dieses Beitrages erhärtet sich dieser Verdacht abermals:
    “NATO today announced that it is considering the former Soviet republic of Georgia for associate membership. Georgia and Azerbaijan have been cultivating relations with NATO, much to Moscow’s chagrin, but this is the most explicit statement thus far from NATO of its intentions for the Caucasus. This will certainly draw fire from Russia’s communists and nationalists, who will demand that Russia stand against this apparent encirclement by NATO. NATO is not making it easy for Russian moderates to argue for closer cooperation with the West.”
    “Georgian President Eduard Shevardnadze said at a meeting in Tbilisi with a delegation of the NATO Parliamentary Assembly, now on an official visit here, that, “guided by the difficult political and economic situation in the region and bitter experience of the past, the Georgian authorities see the main guarantee of stability in the Caucasus, including Georgia, in forming close contacts with NATO”, says an official statement, circulated here on Friday by the Georgian president’s press service.”

    4.3 Realpolitische Konsequenzen
    4.3.1 Politischer Kollateralschaden I: Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA, der NATO und Rußländischen Föderation
    Die USA und die NATO haben durch ihren Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien eine Grenzlinie überschritten, die, wurde sie vor einigen Jahren prophezeit, als nicht ernstzunehmende Außenseitermeinung galt – so meine eigene Prognose -, nämlich daß die NATO-Erweiterung mittelfristig zu Krieg führen werde. Es handelt sich dabei nach dem Wegfall jeglicher realer Außenbedrohung für den Westen um den ersten Krieg, und noch dazu um einen offensiven, den die NATO-Staaten in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs führen. Nahezu alle russischen Außenpolitik-Experten haben vor genau so einem Szenario gewarnt. Entsprechend heftig sind einerseits die Reaktionen ausgefallen, was die Mißachtung des geltenden Völkerrechts und der UN anbelangt. Andererseits haben die politischen und militärischen Eliten der RF keinerlei wirkliches Interesse gezeigt, den Kosovo-Krieg als realen casus-belli mit dem Westen hochzuspielen, oder gar offiziellerweise ‘brüderliche Militärhilfe’ größeren Stils zu leisten.
    Dennoch werden die fundamentalen Dauerschäden in den Beziehungen zwischen der RF und der USA und der NATO erst mittelfristig sichtbar werden.
    In den letzten Monaten gab es zwei Fenster für die russische Duma, den START-II-Vertrag doch noch zu ratifizieren, nachdem sich viele gemäßigte Abgeordnete sowie Jelzin und auch der Großteil des Verteidigungsestablishments dafür ausgesprochen hatten. Die erste Ratifikationsdebatte war für Ende Dezember geplant, genau zu dem Zeitpunkt, als die Militäraktion der USA und Großbritanniens gegen den Irak begannen. Der zweite Zeitpunkt war für Ende März, Anfang April 1999 vorgesehen. Ein Journalist von Associated Press nannte diese Koinzidenz von US- und NATO-Luftschlägen und möglichen Ratifikationsfensteren von START II geradezu ‘unheimlich’.
    Die Neue Zürcher Zeitung berichtete einen Tag, bevor die NATO-Bombardements auf die Bundesrepublik Jugoslawien begannen: “Jelzin und die Duma über die START-II-Ratifizierung einig”.
    Jedenfalls ist nach den Entwicklungen des Kosovo-Krieges nicht damit zu rechnen, daß der START-II-Vertrag in der nächsten Zeit von der Duma ratifiziert wird. Des weiteren hat der Krieg folgende Reaktionen seitens der russischen Eliten hervorgerufen:
    · Einfrieren der Zusammenarbeit über die Probleme des Jahrtausendwechsels bei strategischen Kernwaffencomputern (Y2K) zwischen den USA und der RF.
    · Beendigung der Kooperation mit der NATO im ‘Permanent Joint Council’ und auf der Ebene von PFP.
    · Beendigung der Kooperation bei Non-Proliferationsfragen.
    · Eine völlig veränderte Betrachtungsweise der russischen Eliten über Fragen nationaler Sicherheit. Verschiedenste Vorschläge sind hier bereits gemacht worden, ua. ein ‘retargeting’ der strategischen Kernwaffen, die Restationierung von taktischen Kernwaffen auf dem Territorium von Belaruß, eine beschleunigte Armeereform, die Aufstockung der finanziellen Mittel für die Streitkräfte, sowie eine beschleunigte Produktion und Stationierung der neuen russischen Interkontinentalrakete Topol-M, da bei Nichtratifizierung von START-II sich die strategische Balance noch weiter zuungunsten der RF verschieben würde.

    4.3.2 Politischer Kollateralschaden II: Die chinesische Bombe.

    4.3.3 Kalter Friede – Neuer Kalter Krieg?

    Es ist wohl viel zu früh, um – noch während der Kosovo-Krieg andauert – eine einigermaßen begründbare Prognose abgeben zu können. Viel wird davon abhängen, ob sich die intern über die Beendigungsstrategie bereits gespaltene NATO für eine Deeskalation oder für eine weitere Eskalation entscheiden wird.
    Es wird auch davon abhängen, unter welchen Umständen ein Waffenstillstand herbeigeführt werden kann. Ebenso viel wird davon abhängen, ob die EU-Staaten aus dem Kosovo-Krieg Konsequenzen ziehen werden und anstatt auf eine Militarisierung ihrer Außenpolitik auf Kooperation in der Sicherheitspolitik setzen werden. Einen noch größeren Einfluß wird die zukünftige Regierung der USA auf die Gestaltung des internationalen Umfeldes haben, etwa indem sie zu einer Kooperation mit und in den UN zurückkehren und sich an ihrer Reform beteiligen werden. Ebenso sind unberechenbare Entwicklungen in der RF jederzeit zu erwarten.
    All dies sind gegenwärtig nicht wirklich prognostizierbare Entwicklungen. Ein Trend ist jedoch in jedem Fall sichtbar, der in die entgegengesetzte Richtung weist. Dieser begann in den frühen 90er Jahren, als zunächst lanciert von Deutschland und danach von der Clinton-Regierung aufgegriffen, die NATO-Erweiterung als primäres Element der Neuordnung Europas instrumentalisiert wurde.
    Dabei wurde systematisch und Schritt für Schritt die Mitsprache der RF, die in UN und OSZE gleichberechtigt Sitz, Stimme und Mitspracherecht hat, marginalisiert und die Rolle dieser Institutionen abgewertet. Die frühere Sowjetunion und die jetzige RF haben einen in der Geschichte einzigartigen Transformations- und Transitionsprozeß eingeleitet (Von einem erfolgreichen Abschluß kann freilich keine Rede sein und gewalttätige Rückschläge, wie der Tschtschenien-Krieg sind weiterhin nicht auszuschließen).
    Nachdem das eigene Imperium, zunächst den Warschauer Pakt aus freien Stücken aufgelöst wurde, wurde auch die Sowjetunion im Putsch des russischen Zentrums gegen die sowjetische Zentralmacht disintegriert. Es gibt keine ernsten Anzeichen einer neuen wirklich imperialen Politik der RF, sehr wohl aber zahlreiche politische Strömungen, die einer Geopolitik im nahen Ausland und einer Dominanz darüber das Wort reden (mit eher geringem Erfolg). Genau dies aber wäre ein Rückfall in eine neue Balancy-Of-Power Politik am eurasischen Kontinent. Die größte Gefahr, die von der Russischen Föderation ausgeht, ist eine für sich selbst, nämlich die Lähmung ihrer politischen Institutionen einhergehend mit einer weiteren ethnopolitischen und wirtschaftlichen Disintegration.
    Wenn der Westen wie im Fall des Kosovo weiterhin einseitig auf Seperatisten, Sezessionisten, ‘humanitäre Imperative’ und auf militärische Lösungen, d.h. vorhersehbaren Krieg setzt und damit den Konflikt und Widerspruch zwischen Selbstbestimmungsrecht und territorialer Integrität an der Westgrenze der RF und im Kaukasus bewußt forciert, so wird wahrscheinlich das russische Zentrum zu einer Kontraktion auf seine elementaren Interessen und Mittel gezwungen werden, d.h. in solchem Fall wäre nicht nur von einem nuklearen retargeting kurzfristig die Rede, sondern dadurch würde meiner Einschätzung nach tatsächlich eine strategische Nuklearkrise entstehen, die an die Höchstspannungen des Kalten Krieges heranreichen könnte.
    4.3.4 Nach dem Waffenstillstand
    Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Analyse ist unklar, ob der Krieg weiter eskalieren wird in Richtung auf eine Bodenoffensive, oder ob nur mehr das Ausstiegsfenster zur Gesichtswahrung aller beteiligten Akteure gefunden werden muß. Es gibt Anzeichen in beide Richtungen.
    Im Kern geht es um die Frage, wie eine sezessionsbereite Region, heute der Kosovo, wo, nachdem die Rechte einer ethnischen Minderheiten nicht auf gewaltfreiem Weg erreicht werden konnten und mit den altbekannten Mitteln terroristischer und militärischer Taktik versucht wurde, eine solche Sezession zu erzwingen, in Zukunft behandelt werden soll.
    Sowohl die NATO-Staaten, wie auch die RF haben in ihrem offiziellen Forderungskatalog den Verbleib des Kosovo innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien befürwortet. Auch der Vertrag von Rambouillet sah einen vorübergehenden Verbleib des Kosovo in der Bundesrepublik Jugoslawien vor. Der Begriff ‘Referendum’ wurde im Vertrag von Rambouillet vermieden, vielmehr sollte nach drei Jahren nach Feststellung des “Volkswillens” über das weitere Schicksal entschieden werden.
    Dadurch war natürlich der Weg in die Sezession vorgezeichnet. Das grundsätzliche Problem – und der Grund des Scheiterns der Diplomatie von Rambouillet liegt eben in diesem Widerspruch begründet.
    Niemand, außer radikalen serbischen Nationalisten, die vielleicht immer noch von einem ‘Großserbien’ träumen, einigen Vertreten aus radikalen UCK-Kreisen, die von einem Großalbanien träumen und als nächsten Montenegro ‘befreien’ möchten, sowie dem österreichischen Außenamt wünschen bislang unmittelbare Grenzveränderungen in der Region, die zwangsläufig weiteren ethnopolitischen Sprengstoff mit absehbaren Folgen enthalten.

    4.3.5 Die eigentlichen Kriegsziele
    Das militärpolitische Ziel der NATO-Operationen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien ist – so wie es sich Mitte Mai 1999 – darstellt, die Zerstörung der Bundesrepublik Jugoslawien, inklusive ihrer industriellen und zivilen Infrastruktur. Nachdem zu Beginn der Operationen die bis heute nur teilweise geglückte Ausschaltung der Luftverteidigung und der wichtigsten Kommando- und Kontrollzentren noch plausibel war, um Bodenoperation vorzubereiten, und auch die Zerstörung der im Kosovo stationierten mechanisierten Verbände aus der Luft kaum den erwünschten Erfolg erzielt hat, ist man dazu übergegangen, die industrielle Basis des Landes zu zerstören, in der Hoffnung seine politischen Institutionen und seinen Machtapparat zu treffen.
    Hätte es eine begrenzte militärische Option gegeben, etwa nur den Kosovo zu besetzen, um eine Selbstbestimmung und Repatriierung der Kosovaren zu ermöglichen, wäre dazu die Bombardierung von Brücken in Novi-Sad oder die Unterbrechung der Stromversorgung in Belgrad nicht erforderlich. Die Opfer unter der jugoslawischen Zivilbevölkerung liegt bisher sicher bereits weit über eintausend, über die Opferzahl aus dem Militär ist nichts bekannt, diese dürfte aber wesentlich höher liegen.
    Angesichts der Disproportionaliät von behauptetem Ziel und eingesetzten Mitteln, sollten vielleicht die Vertreter jener kühnen These, bei den NATO-Bombardierungen handle es sich um ‘humanitäre Bomben’, die NATO sei so etwas, wie der militärische Arm von Amnesty International (stellvertretend für viele der deutsche Soziologe Ulrich Beck) dies noch einmal überdenken. Die jugoslawische Zivilgesellschaft jedenfalls ist in die politische Steinzeit zurückgebombt worden, die unabhängigen Medien ausgeschaltet, die serbische Opposition gleichgeschaltet und das Milosevic-Regime gestärkt worden. Also für beide Seiten beste Bedingungen, um Krieg zu führen.

  5. Dear Colleague,
    Those following the conflict in the Caucasus cannot but help see both sides of the argument—as those supporting the Kremlin’s views are also quite vociferous and numerous.
    However, they are also quite curiously monotonous.
    In Mexico City, the Russian embassy was distributing a flyer to its intellectual support networks on what to say about the Russian conflict with Georgia. I noticed it is almost word-for-word what sympathizers of the Kremlin in Germany and other EU countries are also saying: Georgia started the war and Russia entered to prevent ethnic cleansing of Ossetians. Someone should suggest them to change the message a bit to make it sound more spontaneous and therefore legitimate.
    Does the argument that Georgia engaged in ethnic cleansing in Ossetia stand up?
    Recently, the Moscow-based Novaya gazeta daringly published a story that should deflate the Kremlin’s argument. It uses UN satellite data that demonstrates how Georgian villages and homes were systematically destroyed during the Russian incursion, whereas the prior Georgian attack on Tskhinvali hardly damaged the city, nor was it apparently targeted against Ossetian civilians.
    http://www.novayagazeta.ru/data/2008/66/15.html
    What’s telling is that Novaya gazeta is the same paper where slain journalists Anna Politkovskaya and Yuri Shchekochikhin worked. It was also co-founded and is partly owned by Mikhail Gorbachev. It is considered one of the few independent voices in today’s Russia—a pioneer much like Moskovskie novosti, Literaturnaya gazeta, Ogonyok and later Nezavisimaya gazeta were during glasnost.
    These folks are brave and take great risks, including with the above-mentioned article. In their days, these same Russian liberals boldly argued in favor of allowing the Soviet satellite states to go their own way, for German reunification (even in NATO) and for pulling out Soviet armies from the region. I have in mind Aleksandr Bovin, Georgy Shakhnazarov, Vyacheslav Dashichev, Andrei Sakharov, Anatoly Chernyaev, among a few others.
    How ironic that Germans now applaud instead one of the figures who actively resisted this policy—a KGB agent from Dresden who admits felt “betrayed” by Moscow when his calls to the local Soviet base to repress the protesters that November 1989 went unheeded. Ironic but typical for that great-power mentality still prevalent in Germany, a mentality ideally suited to enter a sado-masochistic, co-dependent and neurotic relation with today’s Russia. If Vladimir Putin had done in East Germany what he did in Georgia, maybe “Herr Doktor Professor” would also find himself passionately attracted to him back in 1989?
    The Novaya gazeta article should give pause to those who toe the Kremlin line from the comfort of their universities and under NATO’s protection.

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