wilders’ meinungsfreiheit

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In der Debatte darüber, ob der Film ‚Fitna‘ des rechtskonservativen Vorsitzenden der niederländischen PVV Geert Wilders eine – wie auch immer zu qualifizierende – Nutzung des Rechts auf Meinungsfreiheit oder der provokative Missbrauch dieses Rechts ist, sei zunächst allen geraten, sich den Film anzusehen: http://www.liveleak.com/view?i=7d9_1206624103

In diesem blog werde ich in einigen Tagen mehr dazu schreiben; zunächst sei nur gesagt, dass die Beobachtung der Reaktionen auf diesen Film sozialwissenschaftlich wesentlich interessanter sein wird, als die Debatte über den Inhalt und die Motivlagen von Geert Wilders selbst.

Liveleak hat sich 26 Stunden nach der Veröffentlichung von ‘Fitna’ nach eigenen Angaben dazu entschliessen müssen, den Kurzfilm offline zu nehmen, um seine Mitarbeiter vor Gewalt zu schützen. Ein Epilog zu Fitna…

18 thoughts on “wilders’ meinungsfreiheit”

  1. Die Vorgangsweise orientiert sich an einem bewährten Drehbuch: Extremisten schaukeln einander gegenseitig auf. Nur scheint mir Geert Wilders diesfalls mit seiner Orientierung an van Goghs Beispiel von einer Art Todestrieb befallen zu sein …

  2. Aber liegt nicht gerade darin die Asymmetrie: Wilders produziert einen Kurzfilm – aus welcher Motivlage auch immer. Das ist zunächst völlig unerheblich. Die Relevanz des Kurzfilms zeigt sich daran, ob ihm mit Debatten geantwortet wird oder mit fanatischen Demonstrationen, Gewaltanwendung und Morddrohungen. Ist es nicht geradezu fatal, dass – wie im Fall der dänischen Mohammed-Karikaturen – in den Karikaturisten die Verantwortlichen für die Gewaltausbrüche fanatisierter Muslime in vielen muslimischen Ländern gesehen werden und nicht bei den Gewalttätern selbst. Ist die perzipierte oder tatsächliche Beleidigung einer Religion der Freibrief für religiöse Gewalt?

  3. Nein, ist sie nicht! Aber ebenso kann das Prinzip der Meinungsfreiheit kein Freibrief für das Senden fragwürdiger Botschaften sein. Die Mehrheit der Rezipienten wird den Film dahingehend interpretieren, dass der Islam per se gewalttätig ist. Dieses Bild kann jedenfalls nicht zur Lösung der Probleme beitragen, mit denen wir konfrontiert sind. Auch das Bild, das bzgl. Iran und dessen Außenverhalten nahegelegt ist fragwürdig bzw. schlichtweg falsch. Islamische Weltbeherrschungs-Phantasien spiegeln nicht die Realität iranischer Außen- und Sicherheitspolitik wider!

  4. Das eigentliche Problem sind doch Menschen, deren Identität sich nur auf Religionen zu stützen vermag. Wenn diese Menschen argumentativ, polemisch oder zynisch in ihren Glaubensüberzeugungen herausgefordert werden, reagieren viele gewalttätig weil die Unfähigkeit zur rationalen Distanz emotionaler Schockiertheit und Irritation Bahn bricht.

  5. Ich habe bewusst von den Extremisten (Plural!) gesprochen, die einander aufschaukeln und daran offenbar ihre Befriedigung finden. Denn auch Geert Wilders ist ein Gewalttäter, ein "Schreibtischtäter", wenn man so will, eben mit dem Mittel der Bildsprache und der Kollage von Bildern. Ein Hetzer mit modernen Stilmitteln.

  6. Das war mir schon klar. Aber Extremisten des Wortes – was im einzelnen zu diskutieren sein wird – sind sozial verträglicher als Extremisten der gewaltsamen Tat. Opfer von Wilders’ Agitation können dagegen argumentieren, Opfer des politischen Islam nicht – denn sie sind gemordet.

  7. auch ich muss widersprechen. man kann die relevanz einer solchen publikation nicht anhand der reaktionen messen, oblgliech sie in einer sinnvollen diskussion oder in gewaltakten enden. Hr haiden hat meiner meinung nach die situation richtig erkannt. extremisten der einen seiten, provozieren extremisten der anderen seite und provozieren somit eine logische gewaltspirale die folglich als reaktion auf die jeweils andere seite interpretiert werden kann.  dass das video, trotz einer vorabankündigung, meiner meinung nach recht schlecht gemacht wurde und sich hauptsächlich videoaufnahmen bedient, die aufgrund ihrer zusammenlegung hetzerisch aber trotzdem stumpf und einfallslos wirken, sollte der publikation absolut nicht mit gewalt begegnet werden, denn das genau ist die absicht des editors. 

  8. Ein missionarischer Typ wie Wilders wird sich von Argumenten wenig beeindrucken lassen, denn er will nur eine Botschaft loswerden. Und die heisst: Kampf den Islamisten! Das sagt übrigens Bush auch. Nur hat dieser Missionar zusätzlich auch noch "schlagkräftigere" Argumente zur Verfügung. Ob das alles "sozial verträglicher" ist?

  9. Alles was Wilders zeigt, ist passiert – die Filmsequenzen zeigen Greueltaten des politischen Islam, die unter Berufung auf den Koran passier(t)en. Diese Morde sind passiert, die gewalttätige religiöse Mobilisierung liegt vor und sie ist kein Randphänomen. Und: Der Schrecken der Taliban ist nicht das Ergebnis von Wilders’ Agitation; seine Agitation beruht auf und schürt die Angst vor dieser religiösen Barbarei.

    Ich bleibe dabei: Sich mit der Diskussion über die Motivlage Wilders’ aufzuhalten, ist unwichtig. Wichtig ist wie darauf reagiert wird, wie debattiert wird, ob debattiert wird, ob Mob sich zeigt, ob Botschaften gebrandschatzt werden.

    Natürlich ist Wilders keiner Argumentation zugänglich. Aus vielen Gründen nicht – auch wenn einer der Gründe ist, dass Wilders und seine Familie sich wegen Gewalt- und Mordandrohung nur noch unter Polizeischutz bewegen können. Die Debatte ist auch nicht mit Wilders zu führen, sondern als gesellschaftlicher Diskurs von Meinungen. Wer dazu fähig sein wird, wird sich zeigen. Vorauseilendes Entschduligen, in Gewalt abgleitendes Beleidigt-Sein sind jedenfalls keine nützlichen Beiträge für die Debatte. 

  10. hmmm … kurzer Einwurf in dieser angeregten Diskussion, die meines Erachtens als genereller gesellschaftspolitischer Diskurs geführt, und nicht auf Wilders Motivlage fokussiert werden sollte: derzeit ist der link gesperrt !!! …

  11. Im SPIEGEL online resumiert der Kommentator – interessanterweise in der Rubrik "Kultur" – seinen Beitrag über das "Machwerk" des "Rechtspopulisten" Wilders wie folgt: "Das dient zu nichts anderem, als die jeweils eigene Paranoia als Wirklichkeit zu deklarieren und die jeweils eigene Radikalposition bestärkt zu sehen, wenn die Gegenseite mit ähnlich propagandistischer Plumpheit zurückschlägt". Paranoiker als Propagandisten haben in der Menschheitsgeschichte immer schon viel Unheil angerichtet, wenn sie "die Massen" in Bewegung gesetzt haben. Wilders selbst führt den Diskurs von seiner Person weg und macht ihn politisch. Er muss es sich aber gefallen lassen, dass er auch auf seine Person wieder zurückgeführt wird.

  12. Die Instrumentalisierung von "Fitna" und Wilders beginnt schon: Laut NZZ online spricht das iranische Außenministerium in einer ersten Reaktion von einem "Kreuzzug westlicher Länder gegen den Islam". Aus Herrn Wilders machen die Propagandisten flugs "westliche Länder"…. Auch in Indonesien (ehemalige niederländische Kolonie) haben sich Regierungskreise bereits des Themas angenommen. Ebenso in Bangladesh. Die arabischen Staaten werden bald folgen, denn dort werden derartige Gesslerhüte zwecks  Mobilisierung der Massen dringend benötigt. Also hat Herr Wilders seinen Zweck erreicht …

  13. Um es in der Sprache der Fußballer auszudrücken: Er hat den islamistischen Propagandisten einen 11-Meter-Ball aufgelegt, den diese ins gegnerische – unbehütete – Tor treten.

  14. Die Diskussion die in den öffentlichen Medien geführt wird zieht meiner Meinung nach wiedermal am Thema vorbei. Man konzentriert sich auf die Veröffentlichung Wilders und fragt ganz empört: "Darf man denn so über eine Religion sprechen?". Im Endeffekt wäre die bessere Fragestellung "was ist an den Aussagen Wilders dran?". Sind sie wahr oder nicht; wie kann man die Behauptungen vernünftig untermauern bzw. wiederlegen?
    Die Presse gehört zu jenen "Institutionen" die als Wächter der Meinungsfreiheit sich mit den Themen der Gesellschaft auf eine kontroverse und vielschichtige Art befassen sollten. Möglichst subjektive Beobachtung und das wertfreie Anhören sowohl der einen wie auch der anderen Seiten gehören aus meiner Sicht zum journalistischen 1 x 1. Jeder soll zu Wort kommen und durch bessere Argumente die Mehrheit von seiner Meinung überzeugen.
    Diese Art der Diskussion ist heutzutage leider nicht mehr möglich denn die Medien haben sich mehr oder weniger freiwillig dazu entschieden unter dem Deckmantel der "political correctness" eine Zensur der Meinungen und Ansichten durchzusetzen von der der manch ein Diktator nur geträumt hätte.
    Das bedeutet: wenn man nicht mit dem Mainstream derjenigen mitschwimmt die weiterhin meinen "es gäbe hier kein Problem" kommt man nicht dazu seine Meinung öffentlich zu äußern. Nur jene "Extremfälle" die aus dem Rahmen fallen (wie z.B. die FPÖ Kandidatin aus Graz) werden hervorgezogen um zu beweisen wie angeblich "intolerant" doch die westliche Gesellschaft gegenüber den friedlichen Muslimen ist.
    Was die Reaktionen der islamischen Welt anbelangt kann man hier zwei Betrachtungsweisen ansetzen; je nach Grad der kritischen Betrachtung und zur eigenen Beruhigung:
    1.) Das Niederbrennen von Botschaften und Ermorden von Kritikern gehört zum allgemeinen politischen Kultur der islamischen Welt, also was solls. Das passiert dort, das passiert nicht bei uns… oder etwa doch?
    2.) Diese Verhaltensweise sind nicht unserem Begriff der Zivilisation vereinbar und gehören nicht nach Europa; und sollten falls sie hier Fuß fassen entsprechend unterbunden werden. (= die weniger beliebte Variante denn es könnte ja jemand meinen dass man intolerant sei weil man das nicht versteht, und dann diese unangenehmen Nebenwirkungen. Wird in den Medien meist sehr kritisch bis gar nicht beleuchtet).
    Natürlich provoziert Wilders mit seinen Aussagen, aber man bedenke dass die im Film gezeigten Fakten keine gestellten Szenen sind. Es handelt sich eindeutig um Taten die im Namen des Islam gemacht wurden und weiterhin werden. Bei den bereits gezeigten Reaktionen der islamischen Welt zu den unterschiedlichsten Anlässen stellt sich die Frage ob hier nicht doch ein Teil des "Schleiers" gelüftet wurde und der Islam sein tatsächliches Gesicht ein weiteres mal gezeigt hat.
    Wenn man die Fragen weiterführt kommt man irgendwann zur Grundsatzfrage: "Können der Islam und eine westliche Gesellschaft überhaupt miteinander koexistieren?"

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