surrender

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Nun ist es also wieder so weit: 2 Jahre nach der vorüber- gehenden Absetzung der Neuenfels-Inszenierung der Oper Idomeneo an der Berliner Staatsoper aufgrund von Sicherheitsbedenken wurde nun auch eine Ausstellung satirischer Plakate der dänischen Kulturgruppe ‘Surrend’ in Berlin Tiergarten abgesetzt – ebenso aufgrund von Sicherheitsbedenken der Veranstalter.

In beiden Fällen waren es nicht die Bedenken von Brandschützern, sondern die Angst vor Gewaltdrohungen von radikalen Islamisten. Neuenfels entfachte den Zorn mit dem Schlussbild abgetrennter Köpfe von Buddha, Jesus und Mohammed. Weder Buddhisten noch Christen antworteten auf diesen künstlerischen Entwurf mit der Androhung von Gewalt, islamistische Verbände aber schon.

Nun wird die Plakatausstellung der Künstlergruppe ‘Surrend’ Opfer religiöser Fanatiker. Ein Bild mit der Kaaba in Mekka, das mit der Losung ‘Dummer Stein’ betitelt war, entfachte den heiligen Zorn der Islamisten. Die Störung der Ausstellung und Gewaltdrohungen zwangen die Veranstalter zur vorübergehenden Schliessung. Neben diesem Plakat hängt ein Bild eines orthodoxen Juden, das mit der Zeile ‘Dummer Hut’ versehen war. Bislang wurden Ausschreitung des Zentralrates der Deutschen Juden noch nicht gemeldet.

Der dänische Karikaturist Westergard – einer der Zeichner der Mohammed-Karikaturen aus 2006 – kann sein Leben nur noch im Untergrund verbringen; das Schicksal Salman Rushdies kennen wir seit mehr als 20 Jahren. Die Androhung von Gewalt soll nun auch unsere Opernhäuser schliessen und unsere Galerien verriegeln lassen. Dieser widerlichen Gewalt, die ausser dumpfen Groll kein Argument hervorzubringen vermag, gilt es zu widerstehen. Die Neuenfels Inszenierung sollte für 20 Jahre am Spielplan bleiben, und Surrend-Plakate im offset-Druck in jeder öffentlichen Einrichtung hängen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Gewaltneigung von Islamisten, die freie Meinung und die freie Kunst einengen.

Ihr könnt ja ruhig beleidigt sein; daran hindert euch ja niemand. Aber schlagt uns bitte nicht die Köpfe ein, nur weil es euch an Argumenten fehlt. Ach ja: Das Beleidigtsein geht uns allen langsam auf die Nerven.

 

Foto: DPA
(http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,538473,00.html)

4 thoughts on “surrender”

  1. Zwei junge "Kopftuch"-Türkinnen haben den Wirbel ausgelöst, indem sie das "corpus delicti" mit ihren Handys fotografierten und mithilfe der Fotos türkische "Verstärkung" herbeiholten. Dieser jugendliche Mob hat dann mit der Drohung "Sonst fliegen Steine!" die Schließung der Ausstellung erzwungen. Damit ist eines volkommen klar und bewiesen: Die "Kopftuchträgerinnen" sind nicht harmlose religiöse Menschen, die sich mit dem öffentlichen Bekenntnis zu ihrer Weltanschauung begnügen, sondern intolerante und eifernde Agitatorinnen, die – in höchstem Maße "politisiert" – ihre Überzeugung durchsetzen, also Macht ausüben wollen. Daher wird in der Türkei die Aufhebung des Kopftuchverbots an den Universitäten durch die Mehrheit der AKP im Parlament völlig zu Recht seitens der säkularen Kräfte beim Höchstgericht in Ankara (hoffentlich erfolgreich) bekämpft. Damit der böse Spuk endlich ein Ende finden möge.   

  2. Wie Ralf Hartmann erzählte, versammelten sich am Dienstag eine größere Menge heftig diskutierender Bürger vor den Galerieräumen. Er und seine Mitarbeiter hätten das Gespräch gesucht. Gegen Abend hätten dann sechs sehr aufgebrachte junge Männer den Kunstverein betreten und gedroht, es würden Steine fliegen, wenn "das Scheiß-Plakat" nicht wegkomme.
     
    hm… liest sich so, als suchten ein paar kunstbanausen aufmerksamkeit.mit der übereilten schließung tut man doch nicht nur den gewaltbereiten wichtigtuern einen großen gefallen, sondern auch jenen politikern und parteien, die auf gezielte "ausländer raus" parolen setzen.denn würde man die, von selbigen geforderten, law&order maßnahmen umsetzen, käme es vielleicht nicht zu der absurden situation:
     
    Der Kunstverein hat die Ausstellung vorläufig geschlossen und versucht nun, gemeinsam mit dem Landeskriminalamt ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten.
     
    da frage ich mich doch, wieso nicht vorher ein sicherheitskonzept erarbeitet wurde? (beschränkt sich nicht nur auf ausstellungen, es muss doch überall sicherheit gewährleistet sein – und spontane gewaltausschreitungen sind nun wirklich nichts neues)
    wo waren die exekutivbeamten? vielleicht mal wieder am falschparker aufschreiben oder am schikanieren von obdachlosen?
    obwohl … vielleicht doch nicht so schlecht, zuletzt hätten sie noch die künstler selbst eingebuchtet, wie schon einmal geschehen:
     
    Ärger brachte im Mai 2007 ein Plakat, auf dem der Kopf von Russlands Präsident Putin in einer Zielscheibe zu sehen war. Groß darüber stand "Erschießt Putin", klein darunter "Journalisten?". Polizisten in Wien, die das Kleingedruckte offenbar übersehen hatten, nahmen Jan Egesborg von Surrend, der die Plakate aufgehängt hatte, wegen Terrorismusverdachts vorläufig fest.
     
    meine meinung: wenn der staat die kunst (und kunst ist nichts anderes als freie meinungsäusserung) nicht oder nur halbherzig unterstützt (z.b.nur für unzureichende sicherheiten sorgt), dann provoziert er solche ausschreitungen doch gerade zu, oder nimmt zumindest ein erhöhtes risiko, dass es zu solchen kommt, in kauf.
    oder: wenn der staat kaum mehr beamte für die alkoholkontrolle an pkw lenkern ansetzt. dann wird die anzahl der verkehrstoten deutlich zunehmen, da sich kaum jemand mehr daran halten wird.ob dann auch die pkw lenker schuld an den toten sind? oder nicht doch der staat, der seiner verantwortung nicht nachkommt, gleichzeitig aber fleissig hohe steuern kassiert?
     
    kursiv-text = http://www.art-magazin.de/szene/4459/surrend_kunstverein_tiergarten

  3. "Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit." Was auf der Wiener Secession steht, ist auch in Europa noch immer nicht (und das nach Jahrhunderten der Zensur) in vollem Ausmaße verwirklicht: Kleine "Neuauflagen-Verbote" wie bei dem über die FAZ inszenierten Skandal um Martin Walsers Tod eines Kritikers können noch verkraftet werden, doch Gewaltandrohungen im Namen des Glaubens überschreiten eine Grenze, welche für Werte der modernen Zivilisation steht. Mangelnde Selbstironie und solch ein Maß an Überheblichkeit ist meist ein Zeichen eines Minderwertigkeitskomplexes, der von einem 1429 Jahre alten Glauben nicht mehr erwartet wird. Aber hier lehne ich den Islam bewusst ab, denn sobald eine Religion eine Ideologie wird, wird sie gefährlich, denn nahezu jede Ideologie muss, wenn sie sich durchsetzen will,  faschistoide Züge annehmen und solch eine Radikalität ist uns im Laufe der Geschichte schon zu oft begegnet.

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