Er darf nicht mitmachen …

Vielleicht war die Zahl der von Grigorij Javlinskij gesammelten gültigen Unterschriften tatsächlich zu gering, um nach dem Gesetz ‘Über die Wahl des Präsidenten Ruslands’ zu den Präsidentenwahlen zugelassen zu werden. Angeblich hat die Stichprobenüberprüfung durch die Zentrale Wahlkommission (CIK) ergeben, dass 24 Prozent der Unterschriften ungültig sind; viele davon, weil die Unterschriften fotokopiert worden seien. Das Wahlgesetz macht es für Parteien, die nicht in der Staatsduma vertreten sind, nahezu unmöglich, an den Präsidentenwahlen teilzunehmen. In kurzer Zeit 2 Millionen authentische Unterstützungserklärungen zu sammeln – und zwar eine Mindestzahl in jeder (!) der 83 Regionen Russlands – ist nur mit einer straffen organisatorischen Struktur und/oder dem Einsatz hoher finanzieller Mittel möglich. Jabloko hat beides nicht. Die Partei ist seit 2003 nicht mehr mit einer Fraktion in der Staatsduma vertreten. Ihr fehlen die finanziellen Mittel, um im gesamten Land funktionierende Sektionen zu bilden. Der erschwerte Zugang zu den elektronischen Medien des Landes hat den Liberalen beinahe gänzlich politische Visibilität geraubt. Dazu kommt, dass Javlinskij nicht (mehr) sehr geschätzt wird – weder von anderen oppositionellen Aktivisten, noch von der Bevölkerung. Die Zahl derer, die Javlinskij schätzt, war ohnehin immer recht gering gewesen.

Unabhängig davon aber ob er tatsächlich zwei Millionen gültige Unterschriften für seine Kandidatur sammeln konnte, ist es ein schwerer strategischer Fehler der russländischen Führung, seine Kandidatur zu blockieren. Zum einen erhält die Protestbewegung damit wieder einen neuen mobilisierungsstarken Anlaß, der dieser für die geplante Großkundgebung am 4.2. höchst willkommen ist; zum anderen entzieht die verweigerte Registrierung für einen Kandidaten, der selbst bei einigermassen freien (und fairen) Wahlen maximal 7-8 Prozent der Stimmen enthalten hätte, den Wahlen zusätzlich an Legitimitätszuschreibung. Jabloko, für die Javlinskij kandidieren wollte, darf nun auch keine Wahlbeobachter in den Wahlsprengeln einsetzen.

Viele Beobachter meinen, die verweigerte Registrierung sei dadurch motiviert, möglichst zu verhindern, dass Putin nicht schon im 1. Wahlgang eine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen erzielen kann. Das mag ein Motiv sein, aber meiner Ansicht nach ein strategisch irriges Ziel. Für Putin ist es nicht genug, diese Wahlen zu gewinnen; diese Wahlen müssen als zumindest ausreichend legitim anerkannt werden. Die Legitimitätszuschreibung für diese Wahlen ist durch die Entscheidung der CIK sicherlich geringer geworden.

PS: Zwei Kandidaten haben es übrigens nicht geschafft, die ausreichende Zahl an Unterschriften zu sammeln: der Gouverneur der Irkutskaja oblast’ Dmitrij Mesencev und Svetlana Peunova von der Bewegung ‘Volja’.

Foto: http://www.erevija.com/novica/3730643/Rusija:-iz-predsedniskega-boja-izlocili-Javlinskega

4 thoughts on “Er darf nicht mitmachen …”

  1. Also, entweder hat Javlinskij bei den Unterschriftenlisten wirklich gemogelt (der Beweis dafür wäre nachzuliefern) oder die derzeitige russländische Führung will seine Kandidatur tatsächlich blockieren.
    In beiden Fällen wäre der CIK genauer auf den Zahn zu fühlen …

  2. Vielleicht werden oder wurden die beiden Varianten von “Legitimität” und dem, Putin als Präsidenten legitimierenden Eindruck durch Sieg im ersten Wahlgang, gegeneinander abgewogen, und die Führung kam zu dem Schluss, es sei nach Außen hin wirksamer, Putin siege gleich beim ersten Durchgang? Möglicherweise hat sie sich getäuscht und die “Legitimität der Wahl” wäre höher zu bewerten gewesen, wie Sie das skizzierten. In letzter Konsequenz bleibt jedoch abzuwarten wie sich die Lage gestalten und besonders wie die Wahl ausgehen wird.

  3. “Internetaktivisten” haben heute (Sonntag, den 29.Jänner) mit hunderten Privatfahrzeugen einen Autokorso durch Moskau “gegen Putin und für faire Wahlen” organisiert. Das ist ganz gewiss die ausschlaggebende “Mehrheit” der Wahlberechtigten in der RF.
    Putin muss also jetzt um seinen Sieg am 4.März wirklich zittern ….

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