Mit unverantwortlichem Risiko zum Erfolg?

Das Attentat der USA auf General Soleimani am 3. Jänner war ein völkerrechtswidriger und unverantwortlicher Schritt, weil er der Auslöser eines direkten Krieges zwischen Iran und den USA hätte sein können. Dennoch war der Mord an Soleimani ein – zumindest vorläufiger – Erfolg für die USA. Die USA konnten den intellektuellen und operativen Vater der verdeckten iranischen militärischen Präsenz im Nahen Osten ausschalten, ohne in einen Krieg mit dem Iran zu schlittern. 

Irans Antwort auf den Mord war kalibriert, moderat und bedacht. Iran wollte unter allen Umständen direkte militärische Angriffe der USA auf den Iran verhindern, musste aber auf den Mord reagieren. Daher erfolgte ein zahmer Raketenbeschuss auf die irakischen, von US-Soldaten genutzten, Militärbasen in Ain al Assad und Erbil. Die iranische Führung baute Trump eine goldene Brücke der Deeskalation und Trump hat sie beschritten.

Warum aber hatte Trump die Lage vorher bewusst eskaliert? Die USA mussten eine Antwort auf die Provokationen des Iran und seiner schiitischen Milizen in der Region finden und ein Zeichen setzen. Wiederholt hatten mit dem Iran verbundene irakische Milizen Stützpunkte der USA attackiert – am 27. Dezember 2019 mit einem toten Zivilbediensteten des Pentagon in Kirkuk als Folge. Darauf reagierten die USA mit gezielten Luftangriffen auf Stellungen der verantwortlichen Miliz Kataib Hezbollah. Die darauffolgende Belagerung der US-Botschaft in Baghdad durch diese Miliz war ein Alarmzeichen für Trump. Dieser hatte innerhalb des letzten Jahres den Ruf eines Zögerers und Zauderers erworben, der eine militärische Antwort auf das Handeln des Iran scheute. Der Abschuss einer US-Drohne durch den Iran im Juni 2019 blieb ebenso militärisch unbeantwortet wie der mutmasslich iranische Angriff auf die wichtigste Ölanlage Saudi Arabiens im September 2019. Trump konnte es sich nach der Eskalationskette zum Jahreswechsel nicht mehr erlauben, militärisch passiv zu bleiben. Die Glaubwürdigkeit der USA stand auf dem Spiel.

Daher entschloss sich Trump zu dem folgenreichen Schritt, Soleimani zu ermorden. Damit sollte der Iran vor weiteren Eskalationen abgeschreckt werden. Zu lange hatte Iran darauf vertraut, Trump würde ohnehin militärisch nicht reagieren und seine Provokationen daher immer mehr verstärkt. Der Iran scheint nun abgeschreckt und zurecht gewiesen. Die Frage aber ist, ob diese Abschreckung dauerhaft wirken wird oder ob Iran nach einiger Zeit wieder zu den verdeckten Attacken durch militärische proxies zurückkehrt. Das gilt es in den nächsten Wochen abzuwarten.

Das Attentat, das die Souveränität des Iraks verletzte, hat die Beziehungen der USA zum Irak schwer belastet. Das war der hohe Preise, den die USA für das Attentat bezahlen mussten. Das irakische Parlament forderte in einer Resolution den Abzug der US-geführten Koalitionsstreitkräfte aus dem Land. Rechtlich gesehen kann das Stationierungsabkommen nur durch die irakische Regierung gekündigt werden. Diese kann (und will) das aber nicht tun, weil sie nur in geschäftsführender Funktion im Amt ist. Die US-Truppen werden daher bleiben. Abenteuerlich ist aber, dass die USA dem Irak “mit harten Sanktionen” und dem Einfrieren irakischen Vermögens bei der Fed in New York drohten. Das ist Ausdruck der Arroganz einer Besatzungsmacht.

Wenn in diesem Text immer wieder von den Provokationen des Iran die Rede war, so ist anzumerken, dass die auslösende Provokation von den USA ausging – der grundlosen und willkürlichen Kündigung des Nuklearabkommens von 2015; einhergehend mit harten Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen den Iran. Iran konnte nur asymmetrisch mit seinen Provokationen darauf antworten.

Foto: New York Times

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