(K)ein Ende der russisch-ukrainischen Konfrontation?

Vor dem Treffen der Präsidenten Putin und Poroshenko hoffen viele, auf zumindest den Beginn von konstruktiven Bemühungen, den Konflikt in der östlichen Ukraine zu lösen.

Die dringlichste, aber offene Frage ist, ob Russland tatsächlich an einem Verhandlungsergebnis interessiert ist, das den Konflikt beilegt. Es ist nicht auszuschließen, dass Russland eher auf einen eingefrorenen Konflikt abzielt – auf die Schaffung einer von Moskau politisch, wirtschaftlich und militärisch kontrollierten Enklave in der Ukraine; ähnlich den Entitäten in Transnistrien, Südossetien und Abchasien.

Wenn Russland aber tatsächlich an einer Lösung des Konflikts interessiert ist, dann wäre jetzt ein günstiger Zeitpunkt. Die russische Führung steht nämlich vor zwei Alternativen: Angesichts der Geländegewinne der ukrainischen Streitkräfte in den Regionen Donezk und Lugansk gilt es in Moskau zu entscheiden, ob die Rebellen fallengelassen werden sollen oder ob Russland direkt militärisch in den Konflikt eingreift. Es ist nämlich höchst ungewiss, ob sich die Rebellen allein mit Waffen- und Söldnerhilfe gegen den ukrainischen militärischen Vormarsch halten können.

Die direkte militärische Konfrontation zwischen ukrainischen und russischen Kräften gilt es zu verhindern. Das ist das wichtigste Ziel der neuen diplomatischen Initiative. Die im Vorlauf des Treffen auf der Außenministerebene in Berlin geführten Gespräche haben aber bereits deutlich gemacht, wie groß das berechtigte Misstrauen zwischen Russland und der Ukraine ist. Russland verlangt einen sofortigen beidseitigen Waffenstillstand als ersten Schritt des Verhandlungsprozesses. Die Ukraine lehnt dies ab, weil sie fürchtet, Russland könnte den Waffenstillstand ausschließlich dafür nutzen, die noch gehaltenen Stellungen der Rebellenverbände abzusichern und den Konflikt einzufrieren.

Die Ukraine verlangt daher als ersten Schritt eine international kontrollierte, wirksame Schließung der Grenze zwischen Russland und der Ostukraine. Dadurch soll das Einsickern von Waffen und Kämpfern aus Russland unterbunden werden. Russland lehnt dies aber ab, weil es befürchtet, die Ukraine könnte dann versucht sein, die vom Nachschub gekappten Rebellenverbände militärisch niederzuringen.

Waffenstillstand und Grenzkontrolle dürfen daher keine konsekutiven, sondern gleichzeitige Schritte sein.

Am Ende müssen die Verhandlungen zu einem vertretbaren Interessenausgleich zwischen allen beteiligten Seiten führen. Das schließt Zugeständnisse an Russland mit ein, die für die Ukraine kaum zu akzeptieren sind. Die Ukraine muss für ihre territoriale Integrität wohl den Preis der vertraglich abgesicherten Bündnisfreiheit und weitgehender Autonomierechte für die Regionen in der Ostukraine bezahlen. Bezahlt die Ukraine diesen Preis nicht, wird Russland nicht nachgeben. Das kann man bedauern und verurteilen, ändern wird man es aber nicht können.

Denn die Alternative ist eine militärische Lösung, die nicht nur eine humanitäre Katastrophe hervorgerufen hat, sondern das Risiko einer direkten militärischen Intervention Russlands birgt. Die Forderungen nach einer weitergehenden militärischen Unterstützung der Ukraine durch den Westen erhöhen dieses Risiko weiter.

Die Nationalisten auf beiden Seiten sind gegen die Gespräche – die ukrainischen Falken beharren auf einer militärischen Lösung; die russischen Nationalisten fordern eine direkte russische Militärintervention. Die Rolle der Falken ist nicht zu unterschätzen, denn sie schränken den Verhandlungsspielraum für das Treffen in Minsk ein – in Kiev deutlich stärker als in Moskau.

Es wäre überraschend, wenn es in Minsk zu einem Durchbruch kommen sollte. Aber es wäre schon viel erreicht, wenn der Gesprächsfaden nach dem Treffen nicht abreisst.

Foto: america.aljazeera.com

4 thoughts on “(K)ein Ende der russisch-ukrainischen Konfrontation?”

  1. Am Vorabend eines (Putin geschuldeten) neuerlichen EU-Gipfels in Brüssel gilt: Putin will wieder einen “Kalten Krieg”, er soll ihn haben!

  2. Das bezweifle ich nicht. Ich habe auf das Datum , wann sie geschrieben hatten, grad gar nicht geachtet.
    Gruß

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