unangenehmes für die omv

Der stv. CEO von Gazprom, Aleksander Medvedev, hat bestätigt, dass die Gasleitung ‘South Stream’ – wie von der Zeitschrift ‘Moskovskije Novosti‘ vor kurzem berichtet – nach Norditalien führen könnte, nicht aber nach Baumgarten. South Stream Gas hätte in Baumgarten über den Central European Gas Hub (CEGH) vertrieben werden sollen. Gazprom sucht seit Jahren eine Beteiligung an dem CEGH, ebenso das russländische Unternehmen Centrex. Die Europäische Kommission prüft derzeit diese Beteiligungswünsche; allerdings ist zu vernehmen, dass die Kommission der Beteiligung ablehnend gegenüber steht. Ohne Beteiligung Gazproms am CEGH ist die Leitungsführung von South Stream nach Baumgarten für Gazprom, aber wirtschaflich und finanziell sehr viel weniger sinnvoll.

Der CEGH kann natürlich weiterhin Erdgas vertreiben, das über das ukrainische Gasleitungsnetz nach Baumgarten transportiert wird. Wenn aber South Stream gebaut wird, werden die Transportvolumina von Erdgas über dieses – ohnehin marode – Netz zurückgehen. Dazu kommt, dass Gazprom am 28.12.2011 auch bekannt gegeben hat, mit seinen europäischen Partnern in der Nord-Stream AG über den Bau von noch zwei Rohrleitungen zu verhandeln. Dadurch soll das Transportvolumen von Nord Stream im Endausbau auf 110 bcm/Jahr angehoben werden. Beide Entwicklungen – die Ankündigung, Nord Stream auszubauen zu beabsichtigen und die türkische Zustimmung zur Streckenführung von South Stream – setzen die ukrainische Regierung enorm unter Druck, bei der nächsten Verhandlungsrunde mit Gazprom am 15. Jänner 2012 über die (Teil-)veräußerung von Naftohaz Ukrainy nachzugeben.

Der CEGH könnte natürlich auch Erdgas verschieben, das über die geplante Nabucco-Leitung nach Baumgarten transportiert werden soll. Der Bau von ‘Nabucco’ als dem einzigen strategischen Vorhaben des ‘Südlichen Gaskorridors’ aber wird nicht gerade wahrscheinlicher, wenn South Stream tatsächlich gebaut werden sollte. Dies wurde wieder ein Stück wahrscheinlicher, weil die Türkei am 28.12.2011 der Verlegung der South Stream in ihrer exklusiven Wirtschaftszone im Schwarzen Meer zugestimmt hat. Ein Zugeständnis Gazproms sind angeblich Preissenkungen für die 6 bcm/y an Erdgas, die über Bulgarien an die Türkei verkauft werden.

Diesbezüglich gibt es eine weitere schlechte Nachricht: Am 26. Dezember 2011 einigten sich die Türkei und Azerbaijan auf den Bau einer ‘Trans-Anatolischen Gasleitung’ (Trans-Anadolu Gas Pipeline) vom Osten der Türkei bis zu ihrer Westgrenze. Die Leitung, deren Bau 2012 beginnen soll, wird einen Durchsatz von 16 bcm/Jahr haben, wobei 6 bcm/Jahr in der Türkei abgesetzt werden sollen. Gespeist werden soll die Leitung durch die Produktion von Shah Deniz II.

Wenn diese Leitung tatsächlich gebaut werden sollte, ist ‘Nabucco’ wohl gescheitert. Die Konkurrenzprojekte zu Nabucco – die ITGI und die TAP – sind auf eine Transportkapazität von 10 bcm/y ausgelegt; ideal also für die Koppelung an die Trans-Anadolu Pipeline. Darüberhinaus deutet die Investitionsentscheidung Azerbaijans wohl auch darauf hin, dass man zumindest mittelfristig nicht mit dem Bau einer Trans-Kaspischen Gasleitung rechnet, mit der turkmenisches Gas an den Südlichen Gaskorridor herangeführten werden soll.

11 thoughts on “unangenehmes für die omv”

  1. Sind diese “South Stream” oder die “Trans-Anatolische” pipeline denn billiger als “Nabucco”? Letztere soll ja sehr teuer sein.

  2. Kosten sind nur ein Faktor unter mehreren, die für die Umsetzung der drei Projekte ausschlaggebend sind. Die Gesamtkosten für South Stream sind mit ca. 16-19 Mrd. USD zu veranschlagen (hängen aber sehr von der derzeit noch nicht finalisierten Route ab); Nabucco kostet an die 15 Mrd. USD; die Trans-Anatolische Pipeline soll 5 Mrd. USD kosten.

  3. Bei der gesamten Gasanlieferung aus dem zentralasiatischen Raum tauscht die EU sowieso nur eine Erpressbarkeit seitens der Ukraine mit einer ebensolchen seitens der Türkei ein. Also, wozu die ganze Aufregung? Die Ukraine wäre wenigstens noch territorial und kulturell ein Teil Europas …

  4. Aber nur nicht nationalistisch werden Herr Heiden!
    Zusammenhängen tut ja ohnehin alles und “Europa muss in Zukunft nicht fürchten, kein Gas von Russland mehr böswilligerweise zu bekommen, sondern, dass Russland einfach keins mehr hat.” Das sagte Gerhard Mangott mal in einer VO und das merkte ich mir.

  5. @5Susanne: Warum unterstellen Sie mir “Nationalismus”? Ich denke und fühle europäisch – und dass sich darin kein Platz für die (asiatische) Türkei findet, liegt nicht an mir … Und was das Gas aus Russland betrifft: Gazprom sieht sich inzwischen nach weiteren – gut zahlenden – dauerhaften Großabnehmern um. Deshalb könnte das Angebot für die EU möglicherweise knapp werden (nichts Anderes meinte der Professor in seiner VO, die ich auch gehört habe) … Neue Perspektiven (auch für Auseinandersetzungen mit der Türkei!) könnte allerdings das neu entdeckte riesige Gasfeld bei Zypern bieten, auf das jedoch nicht nur die Türkei sondern auch Israel gierig blickt …

  6. Ach, nicht böse sein Herr Heiden, ich unterstelle Ihnen ja nichts, klang nur eigenartig, was Sie schrieben!
    Aber fragen wir doch Gerhard Mangott selbst, was er meinte. Ist ja schließlich sein blog und er wacht über unsere Einträge.

  7. Наконец можно поздраблять с новым годом!
    Я желаю вас всех счастья, успехов и всего хорошего!

    (Schlussendlich kann man zum neuen Jahr gratulieren!
    Ich wünsche euch allen Glück, Erfolg und alles Gute!)

  8. Sehr geehrter Herr Prof. Mangott,

    ich würde Sie bitten, kurz zu erläutern, weshalb Nabucco tot sein sollte, wenn die TANAP (Trans-Anadolu-Pipeline) gebaut werden sollte.
    Meiner Ansicht nach würde dies lediglich dazu führen, dass die Nabucco-Pipeline kürzer werden würde, weil sie das Gas dann in der Türkei übernimmt. Sicherlich, es würde wieder Verhandlungen nach sich ziehen, aber tot ist Nabucco dadurch sicherlich nicht. Meiner Ansicht nach ist der Bau einer solchen Pipeline ohnehin notwendig, sollte Azerbaidjan in 2025 tatsächlich die geplanten 50bcm an Gas produzieren möchte.
    Die Zustimmung der Turkei, dass die Southstream durch das türkische Territorium im schwarzen Meer gebaut werden darf, ist da schon eher der Nagel im Sarg der Nabucco.
    Freundliche Grüße,
    M.M.

  9. sehr geehrter herr m.,
    die zustimmung der türkischen regierung zur verlegung von south stream durch die ausschließliche wirtschaftszone der türkei ist tatsächlich eine erhebliche gefährdung des nabucco-projektes.
    zur TANAP:
    1. Nach derzeit mir vorliegenden Informationen soll die TANAP einen Durchsatz von 16bcm/y haben – das sind genau die 6 bcm, die die Türkei aus der Shah Deniz II-Förderung kontraktiert hat plus die 10 bcm/y, auf die ITGI und TAP zurückgreifen wollen.
    2. Wenn das Nabucco-Konsortium die Leitung erst ab der türkischen Westgrenze baut – was bedeutet das dann für die IGA’s aus 2010 und das PSA 2011?

  10. Warum sollte die Türkei dies “gefährden”, ist sie nicht auch an irgendwelche Interdependenzen gebunden?

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